[336] Blatt 169v: 2. Buch der Cha...
Quelle: Cod. Guelf. 125.25a Extrav., fol.
169v, 170r
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2. Buch der Charactere, Capitel III. Vers 15. 16.1
Vielleicht wird gegen ihn der Neid die Welt verbinden,
Aegypten, Ninive,
Chaldäa und den Mor,
Ein neues wildes Volk bricht aus den Wüsten vor,
Ein Erbfeind hilft dem Erbfeind; und sie winden
Ihm Lorbern. Er
sieht früh von fern die Heere ziehn,
Sein Finger hält sie auf: beynah dir
gleich, du Himmel!
Beynahe lächelt er, wenn im Getümmel
Vermischte
Welten sich wie träumende bemühn:
Wenn Überfluß sein Kornhaus kenntlich
macht,
Indem die Erde darbt, und unbereit zum Kriegen
Aus Mangel
Heere stille liegen.
Hesperiens Metall, und Ophirs theure Pracht,
Der Fürsten Allmacht, füllt sein Schatzhaus an, und nähret
Ein
muthigs Kriegesheer. Seht, unbelästigt lacht
Der Unterthan: vom
Zöllner-Geitz verheeret,
Von Zins und Schuld gedrückt, vom Wucherer
durchwühlt,
Seufzt Asien mit Libyen und fühlt
Des Krieges Last. Die
Vorsicht schickt ihm Siege
Geflügelt aus der Luft, den Miswachs schickt
sie mit,
Der Klugheit Bundsgenoßen: Schritt vor Schritt
Geht Hunger
vor ihm her, und hinter ihm
Herrscht Überfluß und Seegen in dem Kriege,
Und Ordnung in dem Ungestüm.
Ihm huldigt fast das Glück: doch ewig
wandelbahr
||
Verschwört sichs endlich auch, sein trotzig Reich zu stürmen:
Er siehts;
der Götter Fürst hat so herab geblickt,
Als Menschen es gelung, die Felsen
aufzuthürmen:
Den Blitz, von dem die Kraft noch unerforschet war,
Versucht er an dem Haupt der Riesen, und erschrickt
Vor seiner Wirkung.
Diese Zeilen, welche in einem [...] alten Manuscript [...] aus dem 13ten Jahrhundert unter den apocryphischen büchern befindlich sind,
a
schreibt zum Andenken Johann David
Michaelis Professor Philosophiae zu Göttingen
Braunschweig den
10. Junius 1759